Perspektiven für die Herbstsaison in Nepal: Interview mit unserem Reiseleiter Tobias Pantel

Namasté Tobias, schön, dass Du Dich für ein Interview bereit erklärt hast!
Nepal ist durch die Corona-Pandemie im Frühjahr sehr hart getroffen worden. Der Trekkingtourismus, der einen wichtigen Teil des Einkommens vieler Nepalesen ausmacht, ist bereits die dritte Saison in Folge fast komplett ausgefallen. Seit vielen Jahren bereist Du das vielseitige Land im Himalaya und hast dabei umfangreiche Erfahrungen im Trekking- und teilweise auch Expeditionsbereich sammeln können. Du arbeitest für die Himalayan Database. Stell doch bitte kurz die Organisation und Deine Aufgaben darin vor:

Tobias: Die Himalayan Database ist die einzige umfassende Besteigungschronik des nepalesischen Himalaya. Gegründet und über viele Jahrzehnte geleitet von der amerikanischen Journalistin Elizabeth Hawley, umfasst die Datenbank Besteigungsdaten von allen 7000- und 8000ern, sowie manchen 6000ern in Nepal, seit 1905.

Wir sind ein Team von derzeit insgesamt 6 Personen, das zur Bergsteigersaison im Frühjahr und Herbst die Expeditionen in Kathmandu trifft und Besteigungsdaten aufnimmt, u.a. Informationen zu Aufstiegsroute, Hochlagern, Benutzung von Flaschensauerstoff, etc.

Aufgrund der vielen Besteigungen heutzutage treffen wir nicht mehr jedes Team persönlich, sondern erfassen die Daten vieler Expeditionen auch online.
Die Datenbank ist übrigens kostenlos nutzbar (www.himalayandatabase.com).

Du hast im Mai den zweiten Lockdown in Nepal miterlebt, bedürftigen Menschen in Not geholfen und bist erst Mitte Juni wieder nach Deutschland zurückgeflogen. Wie war Dein Eindruck von der Situation in Kathmandu und im ländlichen Raum von Nepal?

Tobias: Die Lage in Kathmandu war sehr bedrückend. Es gab einen langen Lockdown inklusive Ausgangssperre. Zeitweise durfte man nur morgens für zwei Stunden das Haus verlassen, um das Nötigste einzukaufen. Das sonst so quirlige Thamel war so ruhig und menschenleer, ich habe mich ein wenig in die Zeit nach dem starken Erdbeben 2015 zurückversetzt gefühlt. Vor allem die vielen Tagelöhner in Nepal leiden sehr unter den Lockdowns, sie werden allein gelassen vom Staat und durch das Wegbrechen von Jobs fehlt vielen nun das Geld, um Miete und Essen zu bezahlen. Zu allem Überfluss gab es im Juni auch noch schwere Überschwemmungen in manchen ländlichen Regionen, bei denen Menschen gestorben und obdachlos geworden sind.

Wie schätzt Du nach Deinem aktuellen Kenntnisstand die Situation für die Herbstsaison ein?

Tobias: Das Impfen in Nepal verläuft sehr schleppend, es mangelt an Impfstoff im ganzen Land. Immerhin haben sich die Infektionszahlen zuletzt auf relativ niedrigem Niveau stabilisiert und das Land wird seit dem 7.7. auch nicht mehr als Virusvariantengebiet vom Auswärtigen Amt eingestuft. Deutschland und andere Industriestaaten haben zuletzt viel Impfstoff und Geld für die Pandemiebekämpfung nach Nepal gespendet und werden es hoffentlich weiterhin tun, damit die Lage unter Kontrolle gehalten werden kann. Ich bin wie die Menschen in Nepal recht zuversichtlich und rechne mit einer weitgehend normalen Trekkingsaison im Herbst.

Welches Trekkinggebiet birgt Deiner Meinung nach das landschaftlich und kulturell größte Potenzial? Welches Gebiet empfiehlst Du unseren Gästen, wo sind Sie dem Besonderen auf der Spur?

Tobias: Ich würde die Manaslu-Runde empfehlen, der Trek ist abwechslungsreich, man durchläuft verschiedene Klimazonen, lernt verschiedene Volksgruppen kennen und die Bergsichten, vor allem auf den Manaslu, sind spektakulär.

Das größte Potenzial hat vielleicht die Kangchenjunga-Region im fernen Osten Nepals. Ich habe die Region in diesem Frühjahr kennengelernt und bin zum Basislager gewandert, das war unglaublich schön. Die Region steht im Schatten der großen Trekkinggebiete wie Everest und Annapurna, aber ich denke das Potenzial dort ist riesig.

Neben all den negativen Erfahrungen bietet die Zeit nach der Pandemie vielleicht auch neue Entwicklungen im Tourismus. Welche Chancen und Potenziale siehst Du für Nepal?

Tobias beim Aufstiegsversuch zur Ama Dablam (6814 m) mit seinem Sherpa

Tobias: Unabhängig vom Tourismus haben mich der Zusammenhalt und die Solidarität im Lockdown zwischen den Menschen beeindruckt. Es gab und gibt viele soziale Aktionen und Spendenaufrufe, Wohlhabende haben für Arme Geld gesammelt oder auf den Straßen warme Mahlzeiten verteilt. Allein gelassen von einer inkompetenten und korrupten Regierung sind die Menschen ungeachtet der Kastenzugehörigkeit  enger zusammengewachsen. Ansonsten ist es schwierig, dieser Pandemie etwas Positives abzugewinnen. Vor allem für dieses Land, das so abhängig vom Tourismus ist. Eins ist aber klar: die Menschen in Nepal werden sich mehr denn je freuen, wieder Touristen in ihrem Land empfangen zu können.

Tobias teilt gern sein umfangreiches Wissen mit Ihnen als Ihr Reiseleiter und ist für folgende unserer Nepal- und Pakistanreisen als Reiseleiter (ab 8 Teilnehmern) eingeplant:

NEPAL
Langtang Himal und Helambu mit Tamang Heritage Trail: 23.10.21 – 13.11.21
Rund um den Manaslu: 09.04.22 – 26.04.22

PAKISTAN
Im Thronsaal der Berggötter – vom Nanga Parbat nach Hunza: 04.09.22 – 22.09.22

Wir hoffen auf eine Entspannung der Situation in Nepal und die Durchführung unserer Reisen im Herbst und freuen uns, Sie als Gäste wieder im „Reich der Götter“ begrüßen zu dürfen!

Alle Infos: www.schulz-aktiv-reisen.de/Nepal