Zwischen Himmel und Hölle …

… fühlten sich Ines und Tino vom Team schulz sportreisen 8 Tage lang als Teilnehmer der 10. Jubiläumsausgabe des Gore-Tex Transalpine-Run. Vom bayerischen Ruhpolding ging es in 8 Tagesetappen über insgesamt 292 km, einmal über die Alpen, bis nach Sexten in Südtirol. Über 13.000 Höhenmeter waren dabei zu überwinden. Mit einer entsprechend großen Portion Respekt standen wir also am Start in Ruhpolding, wo uns zu allem Übel auch noch strömender Regen begrüßte. Nicht gerade förderlich für die Motivation …

Nun ja, „positiv denken“ ist die Devise – also lieber nass als trocken und zu heiß!

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Über Stock und Stein und manchmal auch durch Flüsse.

Tag 1: Ruhpolding – St. Johann in Tirol 48,7 km / 1540 Hm

Langsam angehen und gut in den Wettkampf hineinkommen, war zunächst einmal das Motto für die erste Etappe, welche gleich einmal 48 km Strecke in sich hatte. Nach 10 recht flachen Kilometern zu Beginn ließen die ersten Berge nicht lange auf sich warten. Über die Winkelmoosalm und die Straubinger Hütte ging es nach Tirol. Wir fühlten uns durchweg gut und waren selbst ein wenig erstaunt über unser doch recht schnelles Vorankommen bergauf, wo wir jede Menge Teams hinter uns ließen. Aufgrund des lang anhaltenden Regens waren die Wege bergab jedoch glatt wie Schmierseife, so dass wir hier Vorsicht walten und sehr viel Zeit liegen ließen – und von vielen Teams wieder überholt wurden. Trotzdem sehr amüsant zu beobachten, wie jeder zweite Läufer zumindest einmal auf dem Hosenboden landete. Nach dem Zieleinlauf in St.Johann standen Dusche, Massage und die allabendliche Pastaparty auf dem Programm. Hervorzuheben ist hierbei die Massage, welche Abend für Abend zu einem festen Ritual wurde und göttliche Wirkung für unsere müden Muskeln hatte.

Tag 2: St. Johann in Tirol – Neukirchen 49,2 km / 1820 Hm

Am nächsten Morgen beim gemeinsamen Frühstück werfen wir noch einen letzten Blick auf das Profil der heutigen Etappe von St. Johann nach Neukirchen am Großvenediger.

Bei Anstiegen gut in Form

Bei Anstiegen gut in Form

Dieses weist eine Streckenlänge von 49,2 km und einige Höhenmeter mehr als am ersten Tag aus. Zunächst ist es trocken und wir laufen teils über den Wolken durch die wunderschönen Kitzbühler Alpen. Doch langsam entwickelt sich Ines‘ Fuß zum Sorgenkind. Seit der halben Strecke ist das Laufen vor allem auf gerader Strecke nur noch mit Schmerzen möglich. Dennoch beißt Sie die Zähne zusammen, wir kämpfen uns weiter durch und sind vor allem an den Anstiegen nach wie vor gut in Form. Zu allem Übel stellt sich nach 25 km auch noch ein heftiger Starkregen ein. Als wir die Bergstation der Wildkogelbahn und somit den höchsten Punkt der Etappe (2100 m) erreichen, wissen wir, dass es fast geschafft ist. Allerdings haben es die letzten 8 km noch einmal in sich. Ein sehr steiler, rutschiger Abstieg ist hier noch einmal zu bewältigen. Unter nach wie vor strömendem Regen erreichen wir mit sehr schweren Beinen das Ziel in Neukirchen und noch ist nicht klar, ob es mit diesen Schmerzen morgen weiter gehen kann. Am Abend, während unserer Pastaparty mit leckerem Kaiserschmarrn, erfahren wir von den katastrophalen Wetterprognosen für den nächsten Tag! Starker Schneefall bis in tiefe Lagen wird vorausgesagt, was sogar dazu führt, dass die 3. Etappe nicht wie geplant stattfinden kann, sondern auf 28 km verkürzt und mit geändertem Routenverlauf durchgeführt wird.

Highlight an der Strecke

Highlight an der Strecke


Tag 3: Rund um Neukirchen 28 km / 1400 Hm

Abermals begrüßt uns heftiger Starkregen am Start und die Lust auf die 28 km lange Strecke „Rund um Neukirchen“ aufzubrechen, hält sich doch ein wenig in Grenzen. Doch am Ende kommt uns – und vor allem Ines‘ Fuß – die verkürzte Variante sehr entgegen und wir haben auch heute wieder traumhaft schöne Landschaften und atemberaubende Wasserfälle genießen können.
Einzigartig auf jeder Etappe ist auch die positive Stimmung und die Hilfsbereitschaft unter den Läuferteams, gerade im hinteren Drittel. Mittlerweile kennt man sich ein wenig und hat jede Menge Spaß zusammen – und natürlich auch die Zeit für den einen oder anderen Plausch unterwegs. Im Zielbereich lassen wir unsere heiß gelaufenen Beine erst einmal in einem Brunnen baumeln, mal wieder bei strömendem Regen. Im Anschluss folgt die Fahrt nach Prettau, wo am nächsten Morgen der Startschuss für Etappe 4 fällt.

Tag 4: Prettau im Ahrntal – Sand in Taufers 31,5 km / 1800 Hm

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Endlich Schnee

Etappe 4 hat vom Wetter her alles zu bieten, was man sich in den Alpen so vorstellen kann. Los geht’s wieder bei leichtem Nieselregen, aber das sind wir ja mittlerweile schon gewohnt. Die Strecke hat es diesmal auch in sich – bis zur Bretterscharte auf über 2500 m Höhe geht es erst einmal permanent bergan. Vom Tal aus kann man schon den Neuschnee auf den Bergen erkennen. Dies verheißt natürlich Spannung, -4 °C und heftiger Wind sind für dort oben vorhergesagt. Meter für Meter kämpfen wir uns den Berg im Zickzack-Kurs nach oben. Bei mir läuft es super und auch Ines hat so langsam gelernt, mit ihren Fußschmerzen zu leben und schlägt sich tapfer – vor allem wenn es Anstiege zu bewältigen gilt. Nach der 1. Verpflegungsstation geht es ans Eingemachte und schon bald stapfen wir durch den Neuschnee. Natürlich wird es auch Höhenmeter um Höhenmeter kälter und durch das vorsichtige Vorangehen aller Teams vor uns, geht es nur sehr zäh voran, sodass einiges an Zeit liegen bleibt – was uns später noch fast zum Verhängnis werden sollte. Eiskalter Wind, Nebel und der einsetzende Schneefall begleiten uns auf dem Weg zum Gipfel. Aber zunächst einmal werden wir mit einem traumhaften Blick vom Gipfel ins Tal belohnt. Auf dem Weg bergab freuen wir uns auch erstmals über jemanden, den wir all die Tage vorher schmerzlich vermisst hatten: die Sonne! Einfach genial, mit den ersten Sonnenstrahlen gemeinsam ins Tal nach Rein in Taufers zu laufen. An der Verpflegungsstelle, wo es wie immer allerhand Leckereien, wie Nüsse, Melone, Müsliriegel, Tomaten, Käse, Bananen und vieles mehr gibt, stellen wir fest, dass wir nur noch kurz vor dem Zeitlimit liegen. Da nun aber noch ein zweiter gewaltiger Anstieg vor uns liegt, heißt es Beine in die Hand nehmen, um nicht aus der Wertung zu fliegen – die Zeitlimits werden streng kontrolliert! Gerade so schaffen wir es noch vor dem Zeitlimit, an Kontrollstelle 3 zu sein und kämpfen uns weiter in Richtung Ziel. Bei fast sommerlich warmen Temperaturen laufen wir in Sand in Taufers ein und genießen das verdiente (alkoholfreie) Weißbier, während die Füße mal wieder im Brunnen baumeln. Die Aussicht auf den nächsten Tag lässt uns ein wenig optimistischer in die Zukunft blicken – der Bergsprint steht morgen auf dem Programm. Mit 6,7 km eine Art Erholungsetappe mit Zeit zur Regeneration und zum Wunden lecken …

Tag 5: Bergsprint Sand in Taufers 6,5 km / 1074 Hm

Der späte Start um 10:20 Uhr gab uns endlich einmal die Gelegenheit „auszuschlafen“ und in aller Ruhe zu frühstücken. Unser Ziel für den heutigen Tag lautet eindeutig: mit den Kräften haushalten und Energie sparen – für die 3 noch folgenden (harten) Etappen.

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Lockerer „Bergsprint“

Der Bergsprint selbst war eine recht lockere Angelegenheit und auf dem Speikboden, einer urigen Alm, können wir uns endlich einmal ein wenig entspannen, Lasagne und „Massage Open Air“ genießen und die vergangenen Tage Revue passieren lassen. Fast unglaublich, dass wir es bis hierher geschafft haben – doch nun wollen wir das Ganze auch bis zum Ende durchziehen. Auch wenn es, gerade mit Ines‘ Verletzungssorgen nicht gerade einfach werden wird.

Da die tägliche Pastaparty bereits am Mittag stattfand, nutzten wir die Gelegenheit um am Abend einmal gemütlich essen zu gehen. Zur Abwechslung stand endlich mal Pizza auf dem Speiseplan!

Tag 6: Sand in Taufers – St. Vigil 38,5 km / 2289 Hm

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Im Ziel in St. Vigil

Die Strecke nach St. Vigil gilt als Königsetappe mit fast 2300 Höhenmetern im Aufstieg. Sie beginnt für uns sehr quälend, da zunächst eine sehr lange flache Passage zu bewältigen ist, welche Ines‘ Fußsorgen ganz und gar nicht entgegen kommen, da mittlerweile fast nur noch das Bergauflaufen schmerzfrei möglich ist. Zudem ist der Streckenverlauf heute zunächst sehr unangenehm: viel Asphalt und mitten durch die Stadt Bruneck. So schleppen wir uns mehr schlecht als recht zum Highlight dieser Königsetappe – dem Anstieg zum Kronplatz, dem Übergang zu den Dolomiten. Ein Anstieg von ca. 800 m auf ca. 2300 m wartet auf uns. Hier sind wir wieder in unserem Element und können einige Teams, welche uns auf den flachen Stücken überholten, wieder einkassieren.

Auf dem Gipfel belohnt uns ein Stand mit alkoholfreiem Weißbier und ein genialer 360°-Rundumblick. Abermals tun wir uns auf dem Abstieg recht schwer und sind froh, das Ziel im schönen Örtchen St. Vigil erreicht zu haben. Nun nur noch 2x …

Tag 7: St. Vigil – Niederdorf 41,8km / 1950 Hm

Senneshütte, Ofenscharte, Pragser Wildsee, Weisslahnsattel – die 7. Etappe ist gespickt mit landschaftlichen Highlights und stimmt uns zunächst einmal sehr vorfreudig – doch leider sollte alles anders kommen …

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Grandiose Abstiege

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Oberhalb des Pragser Wildsees

Von Beginn an verläuft die Strecke, welche heute nochmal über eine Marathondistanz führt, stetig bergan. Bis zum 1. Gipfel auf 2383 m Höhe sind wir auch ganz gut in Form und können die wieder einmal gewaltigen Naturkulissen auf uns wirken lassen. Bei einem der Abstiege passiert es dann: Ines verletzt sich tückisch am Knie – wohl eine Reaktion auf die tagelange Schonhaltung durch ihre Fußverletzung zu Beginn des Transalpine-Runs. Von nun an geht es fast nur noch im Schritttempo voran und die ersten Gedanken an einen Ausstieg kommen auf. Durch unser langsames Tempo besteht nun auch die Gefahr, die vorgegebenen Zeitlimits nicht zu schaffen. So bleibt uns kaum Zeit, die wilde und urige Landschaft rund um den Pragser Wildsee zu genießen. Doch ein gutes Eisspray an der nächsten Verpflegungsstelle wirkt noch einmal Wunder – und zusammen mit eisernem Durchhaltevermögen schaffen wir es doch noch gemeinsam ins Ziel nach Niederdorf.

Tag 8: Niederdorf – Sexten 33,4 km / 1269 Hm

Das große Finale! Noch einmal stehen 33,4 km auf dem Programm und bei unserem traditionellen gemeinsamen Frühstück checken wir noch einmal Höhenprofil, Zeitlimits und natürlich das Wetter, welches für heute als „traumhaft“ vorhergesagt ist. Somit gehen wir positiv gestimmt auf die Schlussetappe, welche uns durch die einzigartige Bergwelt der Dolomiten führen wird. Für Ines heißt es noch ein letztes Mal Verletzungssorgen verdrängen und auf die Zähne beißen, was sie auch bravourös meistert. Heute ist unter allen Läufern noch einmal eine sehr lockere Stimmung zu beobachten. Alle wirken erleichtert, dass die Strapazen nun bald ein Ende haben. Der Nationalpark Drei Zinnen hält was er auf den Fotos verspricht.

Einzigartige Bergwelt im 3 Zinnen Nationalpark

Einzigartige Bergwelt im 3-Zinnen-Nationalpark

Der Himmel ist fast durchweg blau und macht das Laufen zu einem richtigen Vergnügen – auch wenn die Abstiege für Knie und Schienbeine noch einmal zur Zerreißprobe werden. Im Ziel in Sexten erwartet uns ein regelrechter Jubelsturm und wir sind rundum glücklich und erleichtert, diese 8 Tage im Wechselbad der Gefühle heil überstanden zu haben.

Bei der großen Abschlussparty heißt es mal wieder Essen, Essen, Essen … und heute darf es auch mal ein Weißbier mit Alkohol sein.

An dieser Stelle auch ein großes Kompliment an die gesamte Organisation des Laufes und ein herzliches Dankeschön an unseren Rundum-sorglos-Betreuer Jakob Schulz!

Mit etwas Abstand und im Nachhinein betrachtet war der Transalpine-Run für uns zwar ein schmerzhaftes, aber eben auch ein unvergesslich schönes Abenteuer zwischen Himmel und Hölle …